Wir blicken ins Jahr 2030: Wie steht es um die Kohärenz der Europäischen Union? Wird die EU als eigenständiger, handlungsfähiger Akteur gestärkt oder geschwächt sein? Wachsen die Staaten und Gesellschaften immer weiter zusammen oder sind die Fliehkräfte stärker? Wie steht es um die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft? Gibt es eine gemeinsame außenpolitische Strategie? 

Auf all das haben wir keine Antwort, schließlich ist es unmöglich, die Zukunft vorherzusagen. Mit der Szenario-Methode können wir uns aber möglichen alternativen Entwicklungen annähern, diese bewerten und daraus Empfehlungen für die Politik oder für strategische Entscheidungen ableiten. Das Reizvolle am Szenario-Prozess ist dabei die Mischung aus Analyse und Kreativität. Doch – der Reihe nach. 

Zunächst galt es, mit den Kolleg*innen der Konrad-Adenauer-Stiftung die richtige Fragestellung zu finden. Sind Fragestellung und Zeitrahmen zu weit gefasst, sind die Szenarien zu beliebig. Sind sie zu eng, ergeben sich keine Spielräume für alternative Entwicklungen. So einigten wir uns auf die Frage, wie es um die Kohärenz der EU im Jahr 2030 stehen würde. 

In einem ersten Workshop im brandenburgischen Nauen ging es daran, die wichtigsten sozialen, technologischen, wirtschaftlichen, ökologischen und politischen Triebkräfte (driving forces) zu benennen. Es ergaben sich spannende Debatten zwischen den Mitarbeitenden der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), nicht zuletzt, weil die Teilnehmenden aus verschiedenen Perspektiven und fachlichen Hintergründen auf die Frage blickten. Im Anschluss wurden die zwei kritischen Unsicherheiten (critical uncertainties) identifiziert – die Faktoren, deren künftige Ausprägung gleichzeitig als besonders ungewiss und sehr wirkmächtig angesehen wurde. 

Aus den critical uncertainties ergaben sich vier Basis-Szenarien pro Oberthema. Durchatmen – und los ging’s! Während zuvor das Analytische die Oberhand hatte, übernahm nun die Kreativität. Ein Feuerwerk an Ereignissen, Entwicklungen, (verpassten) Möglichkeiten, Gewinner*innen und Verlierer*innen wurde skizzenhaft in eine logische Abfolge gebracht. Den Abschluss dieses Workshops bildete die Interpretation der Ergebnisse. Was bedeutet all das für die Arbeit der Stiftung? 

Wir spulen vor – In einem zweiten Workshop wurde die gleiche Fragestellung nochmals mit einem anderen Kreis von Teilnehmenden bearbeitet: mit externen Expert*innen aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Und dann begann erst der der für uns anspruchsvollste und innovativste Teil des Projekts: Die Entwicklung eines Analyse-Tools zur Interpretation der Szenarien und der künftigen Entwicklung. Auf welchem Entwicklungspfad sind wir? Welche Veränderungen hat es bei den wichtigsten Variablen gegeben? Welche Wirkungszusammenhänge müssen wir anschauen, wie werden die Indikatoren operationalisiert? Klingt technisch, ist aber klassische Analysearbeit, wie sie große Stiftungen mit ihren Auslandsbüros und Themenreferent*innen ohnehin leisten. Unser Beitrag war, für diese Arbeit einen methodischen Rahmen zu entwickeln, der künftig zu unterschiedlichen Themen eingesetzt wird. 

Und was ist nun die Zukunft der EU? Das wissen wir immer noch nicht, aber zumindest wissen wir jetzt mehr, auf welche Entwicklungen wir ein besonderes Augenmerk legen müssen und wovon die Zukunft abhängt. 


 


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