17.11.2025
Seit einiger Zeit setzen wir uns intensiv mit den Auswirkungen des Rechtsrucks in der Gesellschaft auf unsere Workshops und politische Bildung allgemein auseinander – so haben wir einen Leitfaden für den Umgang mit rechtsextremen menschenverachteten Äußerungen entwickelt, und uns damit befasst, ob, wann, und wie wir rechtsextreme Akteure in Planspielen abbilden können. Diese Prozesse sind fortlaufend – den Leitfaden verstehen wir als lebendiges Dokument, und die Frage zum Umgang mit rechtsextremen politischen Akteuren stellt sich bei jeder Planspielentwicklung wieder. 

Vor kurzem gab es aber wieder einen Anlass, unsere Gedanken festzuhalten und wissenschaftlich einzubetten, weil wir unsere Überlegungen zum Umgang mit rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien in (EU-)Planspielen bei der SimGame Anniversary Conference des College of Europe in Brügge vorgestellt haben. Dass in anderen europäischen Ländern rechtspopulistische und rechtsextreme Akteure sogar Staats- und Regierungschef:innen stellen, ist nichts Neues. Allerdings haben sich nach der letzten Europawahl auch die Mehrheiten im Europäischen Parlament in diese Richtung bewegt. Egal welche Institution wir uns nun also ansehen, rechtspopulistische und rechtsextreme Akteure sind dabei mittlerweile immer mit von der Partie.

In unserem Paper identifizieren wir drei zentrale Risiken, die mit der Einbindung rechtspopulistischer und rechtsextremer Akteure in Planspiele verbunden sind: Erstens können deren Taktiken den Ablauf und die Dynamik des Spiels erheblich beeinträchtigen. Zweitens kann die Reproduktion diskriminierender oder ausgrenzender Sprache psychische Belastungen für Teilnehmende erzeugen, insbesondere für jene, die Ziel solcher Rhetorik sind. Dadurch kann die sichere Teilnahme aller an politischen Bildungsformaten gefährdet werden. Drittens könnte die Einbindung populistisch-radikaler Erzählungen antidemokratische und diskriminierende Positionen ungewollt normalisieren, was ihre gesellschaftliche Akzeptanz fördern kann.

Diese Risiken stehen in einem Spannungsverhältnis zu didaktischen Zielen wie Realitätsnähe und Kontroversität, die unter anderem im Beutelsbacher Konsens als Grundprinzipien der politischen Bildung festgehalten sind. Insofern müssen die Risiken im Zusammenhang mit der Einbindung rechtspopulistischer und rechtsextremer Akteure stets mit den Geboten der realitätsnahen Darstellung und Kontroversität abgewogen werden. 

Wir haben dabei drei Aspekte besonders hervorgehoben, die wir in unsere Abwägungen einbeziehen, ob und inwieweit wir Planspiele adaptieren müssen, um Risiken zu minimieren: 

·       die Zielgruppe (Alter und Vorwissen der Teilnehmenden)

·       der Kontext (freiwillige/unfreiwillige Teilnahme am Workshop)

·       das Lernziel (konkrete Politik in einem Politikfeld oder politische Konfliktlinien kennenlernen)

In manchen Fällen entscheiden wir am Ende, dass keine Adaptationen notwendig sind. Gleichzeitig gibt es unterschiedlichste Fälle, in denen wir uns entschieden haben, die Planspiele anzupassen. In unserem Paper gehen wir auf verschiedene Beispiele genauer ein und begründen diese. 

Egal welche Entscheidung wir letztlich treffen, uns ist es wichtig, sich mit den möglichen Konsequenzen, die aus der Abbildung rechtspopulistischer und -extremer Akteure entstehen, im Vorfeld des jeweiligen Planspiel-Workshops auseinanderzusetzen. Wenn ihr dazu mehr erfahren wollt, lest gerne unseren Konferenzbeitrag, der sich gerade auf dem Weg der Veröffentlichung befindet. 

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